SYSTEMISCHES KONZEPT

Unser Konzept wurde von G. Enamaria Weber-Boch nicht nur für den Bereich der familiären Fremderziehung, sondern auch für familiennahe und beziehungsorientierte Gruppenerziehung entwickelt. Es enthält 9 Leitlinien und basiert auf einer langjährigen und tiefen Praxiserfahrung in der familiären Fremderziehung. Grundlage des Konzeptes ist ein positives Menschenbild >und eine ganzheitliche, systemische Sichtweise zum Wohle der jungen Menschen.

Die 9 Leitlinien des Konzepts:

Die Ursachen von Verhaltensauffälligkeiten und Störungen bei Kindern und Jugendlichen sind in erster Linie in deren Lebensumfeld zu finden. Zum Lebensumfeld gehören zuerst das Familiensystem, weiterhin andere soziale Einflussfaktoren, die auf die jungen Menschen einwirken. Kinder und Jugendliche sind meist die Symptomträger ihrer biologischen Familie.

Fremduntergebrachte Kinder werden zwar in einem sozialen Bezugssystem sozialisiert, doch in ihrer Seele wirkt die Geschichte der Herkunftsfamilie weiter. Aus diesem Grund müssen die leiblichen Eltern beachtet und geachtet werden, denn in der Seele des Kindes haben sie Vorrang. Durch die Achtung der leiblichen Eltern entsteht im Herkunftssystem Zustimmung zur Fremderziehung. Diese innere Zustimmung ist eine wesentliche Voraussetzung, damit fremduntergebrachte Kinder von den sozialen Bezugspersonen das nehmen, was ihnen die leiblichen Eltern nicht geben können.

Bei Aufnahme in eine unserer Lebensgemeinschaften wird geprüft, ob und inwieweit aufgrund des Alters, des Geschlechts, und der jeweiligen systemischen und persönlichen Eigenheiten eines jungen Menschen und seines Herkunftssystems ein Zusammenpassen möglich ist. Hierbei werden auch Informationen zum fachlichen Handlungsspektrum der Fachkräfte und der aktuellen Gruppendynamik herangezogen. Kontakte im Rahmen der Anbahnung, Schnupperbesuche und Reflexion mit dem Team vervollständigen die Einschätzung.

Im Kontext der sozialen Familie oder der Wohngruppe bieten wir den jungen Menschen zuerst Halt gebende und schützende Lebensbedingungen. Diese Sicherheit ermöglicht ihnen den Aufbau von Beziehungen, soziales Lernen und die Korrektur alter Erfahrungen. Jedes Kind soll sich nach seinem individuellen Tempo entwickeln und seine Kräfte entfalten dürfen. Falls erforderlich, kann die sozialpädagogische Arbeit durch externe therapeutische Hilfen ergänzt werden.

Die sozialpädagogische oder therapeutische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen führt dann zu befriedigenden Ergebnissen, wenn deren leibliche Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten verantwortungsvoll und angemessen in den Prozess der Fremderziehung eingebunden werden. Eltern werden ressourcenorientiert beraten und begleitet. Beim fremduntergebrachten Kind entsteht dann Entlastung, wenn Eltern ihre Kompetenzen erweitern.

Soziale Eltern oder andere Hauptbezugspersonen des Kindes sind vielfältig eingebunden. Sowohl durch regelmäßige individuelle Erziehungsplanungen und Teambesprechungen, als auch durch die Unterstützung und Beratung pädagogischer Leitungen. Sie arbeiten unter externer Supervision, um die schwierige Balance zwischen Nähe und Distanz professionell handhaben zu können. Der Fremderziehungsprozess wird von einer achtenden Haltung getragen. Wertschätzung, Neutralität, Selbstreflektion und Biographiearbeit seitens der sozialen Bezugssysteme und ihrer Berater sind Bestandteil einer achtenden Haltung.

Diagnostik legt einen Grundstein für zielgerichtete sozialpädagogische Arbeit. Sie blickt unter die sichtbare Oberfläche und erhellt die meist verborgenen Glaubensmuster und psychodynamischen Mechanismen. Für die jungen Menschen bietet sie einen zusätzlichen neutralen Raum. Sie können sich dort Personen anvertrauen, die nicht in der Einrichtung arbeiten, die nicht am alltäglichen Prozess ihrer Fremderziehung beteiligt sind. Dadurch haben sie eine weitere Möglichkeit, ihrer Not und ihren Sorgen eine Stimme zu verleihen. Fragen wie: "Was wirkt in der Tiefe der Familie, aus der die Kinder kommen? Welche der Bindungen und Loyalitäten der Kinder müssen anerkannt werden? Welche Haltungen der Erwachsenen wirken stärkend, kooperativ und verbindend, und dienen der Entwicklung der Kinder?" stehen dabei im Mittelpunkt. Die Berücksichtigung dieser weiteren fachlichen Perspektive ist ein Qualitätsmerkmal, das evidenzbasierte Arbeitshypothesen ermöglicht.

In Ferienseminaren, die während der Schulferien stattfinden, erhalten nicht nur die sozialen Bezugspersonen der aufgenommenen Kinder Entlastung. Sondern die Umfeldveränderung eröffnet den jungen Menschen weitere Chancen und Handlungsspielräume. Einerseits können sie sich unabhängigen Fachkräften in ihren Nöten und Sorgen in einer neutralen Umgebung anvertrauen. Andererseits wird durch das Kennenlernen von Gleichaltrigen mit ähnlichem Schicksal ihr Netzwerk gestärkt. Oft entstehen daraus lebenslange Freundschaften. Bewegung, Sport, Spiel und Spaß, sowie die gezielte Förderung von Neigungen stehen selbstverständlich auf der Tagesordnung. Auch das Üben, eigene Rechte zu vertreten, ist Bestandteil von Ferienseminaren.

Das aufgenommene Kind wird so betreut und begleitet, dass es nach seinem individuellen Tempo erfährt und lernt, sich sowohl mit seiner biologischen Familie, als auch mit seinem sozialen Bezugssystem, zurecht zu finden. Es lernt mit zwei Familien zu leben. In diesem Kontext gibt es keine „besseren“ und keine „schlechteren“ Eltern. Das Wohl des Kindes steht bei diesem kunstvollen Prozess im Zentrum der Aufmerksamkeit. Er erlaubt Veränderung und persönliches Wachstum, sowohl für das Kind, als auch für seine Eltern.

Unsere Leistungen:

Fachliteratur